Der 7. März, Tag der Sprengung
Pünktlich um 10 Uhr sollte der "Lange Oskar", das Hagener Verwaltungshochhaus
der Sparkasse gesprengt werden. Ein Ereignis der Stadtgeschichte und ein Rekord
zugleich. Nie zuvor wurde in Europa ein so großes Gebäude in einer
Innenstadt gesprengt. Dementsprechend groß waren auch die monatelangen
Vorbereitungen für diese Ereignis.
Schon am Tage zuvor brachten sich die ersten der insgesamt 1.200 Helfer,
darunter Polizei, THW, Feuerwehr in Stellung. Der Lange Oskar wurde zum Abschied
feierlich
ausgeleuchtet und auch die letzten Anwohner wurden evakuiert. In einem Radius
von 140 Meter mussten sie ihre Wohnungen verlassen. In einem Bereich von 140
Meter bis 200 Metern konnten die Anwohner das Spektakel vom Fenster aus beobachten.
Die meisten der fast 30.000 Schaulustigen am Sonntag hingegen hatten es nicht
leicht einen tollen Aussichtspunkt zu finden. Körnerstraße, Goldberg,
Bergischer Ring und die Altenhagener Brücke waren die Anlaufpunkte. Geladene
Gäste und Journalisten fanden einen Fensterplatz im eingerichteten Pressezentrum
in der Ricarda-Huch-Schule und im Kegelzentrum-Parkhaus. Einige wenige Pressevertreter
hatten das Glück vom Rathausturm und Verwaltungshochhaus spektakuläre
Aufnahmen zu machen.
Gegen 10 Uhr erreichte die Spannung am Tag der Sprengung
ihren Höhepunkt, doch letztendlich dauerte es bis 10.53 Uhr bis der Sprengmeister
zuerst das Nebelhorn drückte. Ein Computerfehler hatte bis dahin die Sprengung
des "Langen Oskars" verhindert. Doch letztendlich dauerte nur 12 Sekunden
bis der Hochhausriese in Schutt und Asche lag. Programmgemäß war er
mit einer Kipp/Kollapssprengung zu Fall gebracht worden. Menschen oder angrenzende
Gebäude kamen nicht zu Schaden.
Die Maße des Langen Oskars
Auch die Daten des ehemals höchsten Gebäude der Volmestadt sind beeindruckend,
hier ein Ausriss aus der offiziellen Sparkassen-Broschüre von 1975.
Bauabwicklung
Baubeginn: 1. August 1972
Richtfest: 6. Dezember 1973
Baufertigstellung: 29. November 1975
Konstruktionsdaten
Bebaute Fläche: 634 qm
Erdaushub: 11.247cbm
Eingebauter Stahlbeton: 11.564 cbm
Eingebauter Stahl: 1.863 Tonnen
Umbauter Raum: 62.969 cbm
Nutzfläche gesamt: 12.634 qm
davon
Bürofläche: 7.621 qm
Fassadenflächen: 10.104 qm
Gebäudehöhe über Oberkante Gelände: 98
Meter
Gebäudelänge: 37,36 Meter
Gebäudebreite: 18,53 Meter
Geschosszahl: 22
davon Geschosse unter Terrain: 2
Baukonstruktion
Rohbau: Stahlbetonskelettbauweise im Spannstahlverfahren, außenmittiger
Kern. Queraussteiffung durch Windverbau im 10. und 20. Obergeschoß; axiale
Säulenstellung so dass sich ein zweischiffiger Grundriß ergibt.
Fassade: Vorgehängte Aluminium-Konstruktion, im Mittel 1,84 Meter hohe
Brüstungsfelder, mit farbig emaillierten einscheibigem Sichheitsglas und
feuerbeständiger Isolierung ausgefacht, Fenster aus Isolierglas mit farbloser
Reflexionsschicht auf der Außenscheibe.
Architekt: Karl-Heinz Zernikow, Hagen
Das Hagener Wahrzeichen muss weichen - aber warum?
Im August 2001 wurden die Pläne des Hagener Kreditinstitutes der Öffentlichkeit
vorgestellt, denn schon seit 1999 prüfte die Sparkasse den Sanierungsaufwand
ihres Hochhauses. Das Ergebnis war erschreckend, denn die Fachleute stellten
fest, dass die Dämmung in der Fassade aufgrund von Undichtigkeiten regelrecht
aufweichte. Eine Sanierung der über 10.000 Quadratmeter großen Fassade
war unausweichlich. Die Fenster und grünen Platten hätten runter
gemusst. Dafür wäre ein Bauantrag notwendig geworden. Aufgrund der
geltenden Brandschutzvorschriften hätte man dann gleich ein zweites Treppenhaus
einbauen müssen. Damit nicht genug, denn die Klimaanlage aus dem Jahre
1975 wurde noch mit FCKW-haltigem Kühlmittel betrieben, dessen Handel
in Deutschland inzwischen verboten ist. Damit war die Nutzung der Anlage zeitlich
ohnehin begrenzt. Die noch vorhandene Menge an Kühlmittel drohte auszugehen.
Für eine vernünftige Sanierung hätten auch die Zu- und Ableitungen
für Wasser, Heizung und Klima erneuert werden müssen. Die lagen in
gegossenem Beton und hätten auf allen 22. Geschossen aufgestemmt werden
müssen. Ein Investitionsaufwand von rund 42 Miollionen DM in Sicherheit, Ökologie
und Technik. Dagegen standen nur 16,8 Millionen DM für einen Neubau und
5 Millionen für den Abriss.
Die Gründe (Stand August 2001) für den Abriss im Überblick:
- Verschimmelte Dämmung: Über 10.000 Quadratmeter Fassade müssen
erneuert werden.
- Die Klimaanlage ist am Ende: Das System läuft mit FCKW, der Austausch
der 30 Jahre alten Wasser- und Heizungsrohre wird notwendig.
- Bis dato kämpfte die Heizungsanlage gegen die Klimaanlage an. Eine
moderne Heizungsanlage ist sinnvoll.
- Faktor Sicherheit: Ein zweites Treppenhaus wird notwendig.
- Die Schaffung der benötigten Flächen im Neubau erspart 20 Millionen
DM an Investitionen.
- Bürofläche in dieser Größenordnung wird heutzutage gar
nicht mehr benötigt.
Kurzum, das Sparkassenhochhaus hätte sich während der Sanierung
genauso nackt präsentiert wie kurz vor der Sprengung.
|